Am 20.10.2023 entdeckte Steffen Wolf, direkt vor seiner Haustür in Freiburg, ein adultes Weibchen der Geringelten Beißschrecke (Rhacocleis annulata). Zur eindeutigen Bestimmung und fotografischen Dokumentation wurde das Exemplar eingefangen und anschließend präpariert. Auf den abgebildeten Fotos sind die auffallend grünen Femur-Unterseiten und langen Hinterbeine sowie der schöne weiße „Schnauzbart“ zu erkennen. Der Fund ist außergewöhnlich, da die Art in unseren Breitengraden (noch?) äußerst selten anzutreffen ist. Das ursprüngliche Verbreitungsgebiet von Rhacocleis annulata umfasst Sizilien, das südliche Italien, Malta und Tunesien (Buzzetti et al. 2016, Massa et al. 2012). Auch in Südfrankreich kommt diese Art vor, wo sie aber vermutlich eingeschleppt wurde (Bardet & Boitier 2006).
Der Erstnachweis von Rhacocleis annulata für Deutschland war sehr wahrscheinlich 2020 in einem Garten in Bad Schönborn bei Karlsruhe (Stefan Hennrich, 17.10.2020 in Hochkirch et al. 2021). Wie bei anderen eingeschleppten Heuschrecken wird auch diese Art außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebiets vorwiegend in Gärten gefunden (Hochkirch et al. 2021). Auf welche Weise das Weibchen an den Fundort gelangte, ist nicht eindeutig zu klären. Wahrscheinlich reiste sie in Gesellschaft von Olivenbäumen nach Freiburg, die in einer nahe am Fundort gelegenen Baumschule verkauft werden. Diese Form der Ausbreitung wurde schon in weiteren Fällen dokumentiert (Staufer & Forsthuber 2021).
Möglicherweise kann sich die Art auch im mitteleuropäischen Klima erfolgreich reproduzieren, da es mittlerweile einige Funde nördlich der Alpen gibt (Hochkirch et al. 2021). In den letzten Jahren ist die Art z.B. in der Slowakei (A. Krištín, pers. Mitt. in Hochkirch et al. 2021), der Schweiz (F. Rutschmann, pers. Mitt. in Hochkirch et al. 2021) und Österreich aufgetaucht (Friebe et al. 2019, Staufer & Forsthuber 2021).
Bei dem in Freiburg gefundenen Weibchen wurden zumindest Eier im Abdomen vorgefunden – zur Eiablage kam es aber aufgrund seines vorzeitigen Todes durch Präparation nicht mehr. Es bleibt abzuwarten, ob sich die Art in Deutschland langfristig etablieren wird.
Quellenverzeichnis
Bardet, O., E. Boitier (2006): Rhacocleis annulata Fieber, 1853, espèce nouvelle pour la France (Orth., Tettigoniidae). – Bulletin de la Société entomologique de France 111 (4): 474.
Buzzetti, F., A. Hochkirch, B. Massa, P. Fontana, R. Kleukers, B. Odé (2016): Rhacocleis annulata. The IUCN Red List of Threatened Species 2016.
Friebe, J., G. Amann, U. Hiermann, Ritter Elisabeth, K. Zimmermann (2019): Streudaten zur Fauna Vorarlbergs. II. Neues zur Heuschreckenfauna sowie Nachweise eingeschleppter Fangschreckenarten (Insecta: Orthoptera & Mantodea). – inatura – Forschung online 70: 1–14.
Hochkirch, A., J. Andreä, A. Franzen, C. Jung, V. Klosinski, A. Manz, C. Paulus, T. Rautenberg, U. Sander, M. Schädler, T. Stalling (2021): Heuschrecken in Deutschland 2020 – Interessante Heuschreckennachweise auf der Meldeplattform heuschrecken.observation.org aus dem Jahr 2020 36: 61–76.
Massa, B., P. Fontana, F. M. Buzzetti, R. Kleukers, B. Odé (2012): Orthoptera. – Fauna d‘Italia 48: 563.
Staufer, M., L. Forsthuber (2021): Erste Vorkommen der allochthonen Geringelten Beißschrecke, Rhacocleis annulata Fieber, 1853, in Österreich und ihre Verbreitung im Pflanzenhandel (Orthoptera: Tettigoniidae). – Beiträge zur Entomofaunistik 22: 33–42.